ASSAD KÜNDIGT MASSENMORD AN „Raus aus Aleppo oder ihr werdet vernichtet“

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Flieht oder sterbt. Während Zehntausende in Aleppo auf der Flucht sind, kündigt das Regime neue Gräueltaten an

o klar hat sich Diktator Assads Armee noch nie zum Massenmord in Aleppo geäußert.

Ermutigt durch das Nichtstun des Westens, trotz der Vertreibung von Zehntausenden Zivilisten in Aleppo, warf das Assad-Regime nun Flugblätter über dem von Rebellen gehaltenen Osten Aleppos ab, die nicht eindeutiger sein könnten.

„Wenn ihr diese Gebiete nicht schnell verlasst, werdet ihr vernichtet“, so die Ankündigung des bevorstehenden Massakers.

Die Übersetzung des Assad-Schand-Blatts

Dieses Flugblatt wurde am Dienstag (29. November 2016) über Aleppo abgeworfen. Es fordert die Menschen auf, sofort zu verschwinden

LEST DAS UND GEBT ES WEITER

Das ist eure letzte Hoffnung … Rettet euch selbst.

Wenn ihr diese Gebiete nicht schnell verlasst, werdet ihr vernichtet.

Wir haben euch Wege offen gelassen, damit ihr gehen könnt. Entscheidet euch schnell … rettet euch.

Ihr wisst, dass euch alle im Stich gelassen haben, damit ihr eurem Untergang begegnet und sie haben euch keine Hilfe angeboten.

Alarmierend: Das Blatt macht keinen Unterschied zwischen Frauen, Kindern und Rebellenkämpfern.

Jeder Einwohner wird aufgefordert, sofort zu verschwinden oder durch die Flugzeuge Assads und Putins, Granatenbeschuss oder die schiitischen Milizen aus dem Irak und dem Libanon ermordet zu werden.

Getötete Menschen liegen auf den Straßen in Ost-Aleppo
Getötete Menschen liegen auf den Straßen in Ost-Aleppo Foto: Reuters
In roten Leichensäcken werden die Getöteten eingewickelt
In roten Leichensäcken werden die Getöteten eingewickelt Foto: Reuters

Über Monate hatte Russland verbreitet, man wolle lediglich, dass die 200 bis 900 Terroristen der al-Qaida-nahen „Brigade der Eroberung Syriens“ den Ostteil der Stadt verlassen. In den letzten Wochen verlangte man dann, alle Rebellen müssten Aleppo verlassen, weil diese sich angeblich nicht von den Terroristen trennen wollten. Dazu richtete man „humanitäre Korridore“ ein. Bezeichnend: Fünf für Zivilisten und nur einen für „Terroristen“.

DIE WICHTIGSTEN FRAGEN ZUR ALEPPO-KRISE

  • Flüchtlinge in Aleppo

    ALEPPO VOR DEM FALLKommt jetzt die nächste Flüchtlings-Krise?

    Die Situation ist katastrophal, ein Vernichtungsfeldzug gegen die Zivilbevölkerung. Doch die Flucht ist ebenfalls lebensgefährlich.

Jetzt werden Assad und Putin, gestärkt durch die Geländegewinne der letzten Tage, scheinbar ehrlich. Das Flugblatt, das Helikopter über Ost-Aleppo abwarfen, beweist: Es ging nie um „Terroristen“ oder Rebellen, sondern darum, alle Assad-Gegner und ihre Familien zu vertreiben oder zu töten und Aleppo vollständig unter Kontrolle des Regimes zu bringen.

Karte: Aleppo fällt an Assad (28.11.2016) - Infografik

Die beiden Armeen setzten ihre Drohungen am Dienstag und Mittwoch auch gleich in die Tat um. Allein am Dienstag seien im noch von der Opposition kontrollierten Osten Aleppos mindestens 45 Zivilisten bei Streubombenangriffen und Artillerie-Bombardierungen getötet worden, so die Retter der „White Helmets“ von vor Ort. Am Mittwochvormittag seien 21 weitere Zivilisten beim Beschuss eines Flüchtlings-Tracks durch Assad-Artillerie getötet worden – 51 am ganzen Tag.

Bilder und Videos zeigten unfassbare Zerstörung und tote Männer, Frauen und Kinder, die auf den Straßen lagen. Ost-Aleppo hat kaum noch Nahrung und keine Krankenhäuser mehr, die verletzten Menschen sterben daher qualvoll.

Die Ersthelfer der „White Helmets“ bergen die Leichen, mindestens 45 Menschen sollen hier durch Artilleriebeschuss getötet worden sein
Die Ersthelfer der „White Helmets“ bergen die Leichen, mindestens 45 Menschen sollen hier durch Artilleriebeschuss getötet worden seinFoto: Reuters
Leichen liegen auf den Straßen im Osten Aleppos
Leichen liegen auf den Straßen im Osten Aleppos  Foto: dpa

„Alle haben euch im Stich gelassen“

Besonders bitter: Das jüngste Flugblatt verhöhnt die Eingekesselten und hält ihnen die Ignoranz des Auslands gegenüber ihrer verzweifelten Lage vor.

Wörtlich heißt es: „Ihr wisst, dass euch alle im Stich gelassen haben, damit ihr eurem Untergang begegnet und sie haben euch keine Hilfe angeboten.“

Dies entspricht der Realität. Weder der scheidende US-Präsident Barack Obama noch der im Januar ins Amt kommende Donald Trump haben sich für ein Eingreifen ausgesprochen. Deutschland verurteilt die Gewalt, will aber weiterhin auf eine diplomatische Lösung setzen – völlig illusorisch in Anbetracht des militärischen Sieges Assads und Putins.

Der Osten Aleppos am Montag. Es gibt keine Krankenwagen mehr. Ein Mann trägt seine Frau auf den Schultern
Der Osten Aleppos am Montag. Es gibt keine Krankenwagen mehr. Ein Mann trägt seine Frau auf den SchulternFoto: White Helmets

70 000 nach Assad-Offensive in Aleppo auf der Flucht

 

Der Vormarsch Assads und seiner Verbündeter sowie massiver Luftangriffe auf von Rebellen kontrollierte Stadtviertel Aleppos haben Aktivsten zufolge fast 70 000 Menschen vertrieben.

Mehr als 30 000 von ihnen hätten in Gebieten unter Kontrolle kurdischer Einheiten Zuflucht gesucht, etwa 20 000 in Vierteln des Regimes, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch. Mehr als 15 000 Zivilisten seien zudem in andere Rebellenviertel geflohen, sagte der Leiter der Menschenrechtler Rami Abdel Rahman der Deutschen Presse-Agentur.

Zehntausende werden von Assads Soldaten nach der Einnahme großer Gebiete in Ost-Aleppo „evakuiert“ bzw. systematisch umgesiedelt
Zehntausende werden von Assads Soldaten nach der Einnahme großer Gebiete in Ost-Aleppo „evakuiert“ bzw. systematisch umgesiedeltFoto: dpa

Mehr als 200 000 Menschen leben noch in den von Rebellen gehaltenen Vierteln der Stadt. Diese sehen sich der „Verschwindet oder sterbt“-Forderung des Regimes gegenüber.

Assad-Video: »Klaut ihnen die Waschmaschinen

Unterdessen ist ein Video aufgetaucht, dass die Vorwürfe oppositioneller Aktivisten und Retter der „White Helmets“ untermauert, Assads Truppen würden in den eroberten Vierteln Aleppos wüten und brandschatzen.

RETTER: „DIE ASSAD-TRUPPEN TÖTEN, PLÜNDERN, RAUBEN“

  • Assad-Soldaten am Montag in den Trümmern des Viertels Bustan al-Basha in Aleppo

    HILFERUF AUS ALEPPOAssads Truppen töten, plündern, rauben

    Die Lage in der syrischen Stadt ist dramatisch! BILD sprach mit dem Chef der Hilfsorganisation „White Helmets“ – und einem Mitarbeiter vor Ort.

Es zeigt Soldaten des Regimes, offenbar nach der Einnahme mehrerer Rebellen-Viertel im Osten der Stadt. Ein Kommandant ruft gutgelaunt in den Bus hinein: „Gott ist groß, wir fahren nach Ost-Aleppo.“ Er fordert die Männer spöttisch dazu auf: „Nicht, dass jeder von euch zu beschäftigt damit ist, Sachen zu klauen.“ Alle im Bus lachen.

Dann ruft ein weiterer Soldat: „Ich fordere euch dazu auf, nehmt die Kabel von ihren Wänden, Gott wird es euch nicht verzeihen, wenn ihr die Kabel an den Wänden lasst. Und Gott wird es euch nicht verzeihen, wenn ihr die Waschmaschinen nur für euch selbst nehmt.“

Gemeint ist, dass die Soldaten den Brandschatz aus den Wohnungen der Vertriebenen untereinander aufteilen sollen, so dass jeder der Assad-Soldaten etwas abbekommt.

 

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