Er bestellte Brötchen beim Bäcker – aus seinem Rücken ragte ein Messer
In Hamburg ist ein 23-jähriger Vietnamese von einem Unbekannten angegriffen worden. Doch der junge Mann bemerkte davon offenbar nichts: In einer Bäckerei bestellte er kurz darauf noch Brötchen.
Wie viel Schmerz erträgt der Mensch, ohne wahnsinnig zu werden? Offenbar mehr, als man vermuten würde. Zumindest dieser Mann: Ein 23-jähriger Vietnamese, seit eineinhalb Jahren wohnhaft in Hamburg, arbeitet als Koch in einem vietnamesischen Restaurant. Er habe das Messer, das da an jenem Tag zentimetertief in seinem Rücken steckte, gar nicht gespürt, erklärte der Betroffene gegenüber dem «Spiegel».
Bilder von Fotografen und von einer Überwachungskamera aus einer Hamburger Bäckerei beweisen, was wie ein schlechter Witz tönt: Der Griff des Messers und ein Stück der Klinge ragten noch aus seinem Rücken, als er sich zum Verkäufer einer Bäckerei vorbeugte, um ein Brötchen zu bestellen. «Ich war schon ziemlich geschockt. Meine Angestellte hat fast geweint», erzählte der Chef der Bäckerei im Nachhinein seine Erlebnisse dem Nachrichtensender RTL.
«Ich habe Glück gehabt»
Die Tat datiert zurück zum 15. Mai dieses Jahres. An besagtem Tag habe er ein Nagelstudio besucht, in welchem auch Haarschnitte angeboten würden, erklärt der 23-Jährige dem «Spiegel». Da er allerdings habe warten müssen, sei er noch zu einer Bäckerei gegangen. Unterwegs habe ihn ein Bekannter angehalten, der ihn nach einem Mann gefragt habe. Dieser war ihm jedoch unbekannt, sodass er wieder Richtung Bäckerei ging. Plötzlich habe er etwas an seinem Rücken gespürt, «einen dumpfen Schlag», wie er der Zeitung beschrieb. Ahnungslos setzte er offenbar seinen Weg fort.
Dass der junge Mann so wenig davon mitbekommen hat, könnte dem Stresshormon Adrenalin zu verdanken sein. Sein Körper dürfte nach dem Angriff so viel des schmerzunterdrückenden Hormons ausgeschüttet haben, dass er – zumindest für einige Zeit – trotz lebensgefährlicher Verletzungen weiter normal seinen Besorgungen nachgehen konnte.
In der Bäckerei machten ihn Kunden auf das Messer aufmerksam, empfahlen ihm, sich hinzusetzen, ehe er in Ohnmacht fiel. Polizei und Rettungskräfte brachten den Mann mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Spital, wo das Messer herausoperiert wurde. «Ich habe Glück gehabt», sagte der 23-Jährige. Recht hat er: Der junge Mann wies offenbar Verletzungen am Brustkorb, am Zwerchfell sowie an der Leber auf, wie ein Arztbrief gemäss dem «Spiegel» ausweist.
Die Polizei Hamburg hat einen Verdächtigen vorläufig festgenommen, der «im näheren Umfeld» angetroffen worden sei, wie sie in einer Medienmitteilung im Mai schrieb. Dieser hat gemäss «Spiegel» sechs Stunden nach dem Angriff auf den Vietnamesen noch eine weitere Person bedroht. Offenbar handelte es sich um den Mann, den der 23-jährige auf Anfrage seines Bekannten nicht gekannt haben soll. Der Tatverdächtige, ein 33-Jähriger, sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der Vietnamese beteuert gegenüber der Zeitung, keine Ahnung zu haben, weshalb er angegriffen worden sei.
(sho)