SVP-Asylrichter urteilen härter als linke

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Sind die Asylgründe eines Flüchtlings glaubhaft? Ist die Wegweisung eines minderjährigen Asylbewerbers zulässig? Über solche Fragen entscheiden die 28 Asylrichter am Bundesverwaltungsgericht neutral und unparteiisch.

Laut einer Auswertung des «Tages-Anzeigers» von 29’263 Asylbeschwerden spielt bei der Urteilsfindung jedoch die Parteizugehörigkeit der Richter eine Rolle: Während SVP-Asylrichter Fulvio Haefeli gerade einmal zehn Prozent der Beschwerden von Asylsuchenden gutheisst, hat bei der grünen Richterin Contessina Theis jeder dritte Fall Erfolg. Geht es nach Parteien, ist die BDP mit knapp 11 Prozent Gutheissungen die härteste Partei, gefolgt von SVP (13,1 Prozent) und FDP (15,4 Prozent).

SVP-Richter wegen Befangenheit suspendiert

Dass die Fälle so unterschiedlich beurteilt werden, führte jüngst dazu, dass SVP-Richter Fulvio Haefeli in den Ausstand treten musste. Haefeli bezeichnete die Beschwerde eines jungen Kosovaren als «aussichtslos» und forderte einen Kostenvorschuss, um das Verfahren fortzusetzen. Der Anwalt des Betroffenen warf darauf dem Richter vor, es mangle ihm an der nötigen Distanz und Neutralität. Er habe den Asylsuchenden «auf ein namen- und gesichtsloses Objekt degradiert, dessen Meinung und Interessen ohne Bedeutung» seien. Seine Richterkollegen teilten Haefelis Argumentation jedoch nicht und haben nun den SVP-Richter von diesem Fall suspendiert.

Die fehlende Unabhängigkeit der Richter sorgt für Kritik. «Fulvio Haefeli ist als Schreckrichter bekannt. Er sieht sich als politische Speerspitze, die möglichst viele Fälle möglichst schnell ablehnen will», sagt Peter Nideröst, Anwalt des jungen Kosovaren. Haefeli handle nicht nach juristischen Kriterien – sondern nach politischen. «Damit gehört er nicht in die Funktion, die er eigentlich innehat.»

Kritik an «Abhängigkeit unseres Gerichtssystems»

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Ruth-Gaby Vermot von der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht verurteilte die «offensichtliche Abhängigkeit unseres Gerichtssystems von den politischen Parteimeinungen». Eigentlich erwarte sie von den Richtern gerade auch im heiklen Asylbereich, wo Empathie und breites Wissen notwendig sind, Professionalität, Menschlichkeit und eine differenzierte Sichtweise.» Stattdessen seien die Richter Parteimitglieder und wollten als solche auch wiedergewählt werden.

Für Richter am Bundesverwaltungsgericht ist die Parteizugehörigkeit zwar nicht zwingend, verbessert aber die Wahlchancen deutlich, weil die Richterposten nach der Parteizusammensetzung des Parlaments verteilt werden.

Insgesamt weisen die Richter eine Mehrheit der Beschwerden ab

Auch wenn Beschwerden bei rechtsbürgerlichen Asylrichtern weniger Chancen haben, urteilen auch linke und grüne Richter im Verhältnis streng. Während die Grüne Contessina Theis knapp jede Dritte Beschwerde gutheisst, wird die Mehrheit der Beschwerden (84 Prozent) abgelehnt.

Das Bundesverwaltungsgericht verteidigt indes seine Richter und distanziert sich vom Rückschluss, die unterschiedlich strengen Urteile seien auf das Parteibuch der Richter zurückzuführen. Der Vergleich der Urteilsfindung der Richter sei schwierig, weil in der Mehrheit der Fälle in Dreier- oder Fünfergremien entschieden werde.

Die Auswertung des «Tages-Anzeigers» zeigt jedoch auch bei den Entscheiden in den Dreiergremien: Die grüne Richterin Theis kommt dort auf eine Gutheissungsquote von 37,8 Prozent, wenn sie den Vorsitz innehat. Bei SVP-Richter Fulvio Haefeli sind es 13,8 Prozent.

(20 Minuten)

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